Das Piano (1993)



„Ich habe seit meinem sechsten Lebensjahr nicht mehr gesprochen. Niemand weiß warum, nicht einmal ich selbst.“ Diese Gedanken stammen von Ada (Holly Hunter), einer schottischen Frau im 19. Jahrhundert, die nach Neuseeland verschifft wird, um eine arrangierte Ehe mit dem Grenzgänger Alisdair Stewart (Sam Neill) einzugehen. Unterbewusst weigert sie sich, ihre Stimme zu benutzen, sondern drückt sich durch ihr Klavier und ihre kleine Tochter Flora (Anna Paquin) aus, die ein Abbild des jüngeren Selbst ihrer Mutter ist. Dementsprechend ist Ada’s Beziehung zu ihrem Klavier intim und zärtlich, in manchen Momenten fast erotisch. Der Film ist das Porträt einer willensstarken Frau, die sich nicht mit den Bräuchen der Zeit, insbesondere in Bezug auf die Rolle der Frau, abfindet. Es ist ein stetig faszinierender, aber nicht immer ansprechender Film. In der ersten Hälfte gibt es humorvolle Momente zum Schmunzeln, vor allem hinsichtlich der frechen Einstellung der Flora, die ihrer Mutter nacheifert. Doch während wir die Charaktere kennenlernen, erweist sich keine der drei erwachsenen Leads als sehr sympathisch oder begreifbar. Wir haben einen Analphabeten, der nicht in der Lage ist, rational zu handeln, einen ignoranten und unsensiblen Perversling, der nicht in der Lage ist zuzuhören, und eine eigensinnige, rücksichtslose Göre, die nicht bereit ist zu sprechen. Ihre Motivation mag vernünftig sein, aber das macht ihr Verhalten nicht weniger anstrengend. Es ist ein Film, den man eher schätzt als ihn zu genießen.


Regie: Jane Campion
Besetzung: Holly Hunter, Harvey Keitel, Sam Neill, Anna Paquin
Genre: Drama, Kostüm
Freigabe: 12
Laufzeit: 121 min.
Veröffentlich: 1993/05/15 (Cannes)
Drehbuch: Jane Campion
Schnitt: Veronika Jenet
Cinematographie: Stuart Dryburgh
Musik: Michael Nyman

Gewinner der Goldenen Palme 1993